Im Mittelalter hat ein Paradigmenwechsel im Verständnis und in der Darstellung von “Zukunft“ stattgefunden. Wurde “Zukunft“ in der griechischen und römischen Antike als etwas Unbekanntes verstanden, dem man zufällig über den Weg läuft und das einen hinterrücks anfällt, so verwandelt sich „Zukunft“ in den mittelalterlichen Chansons de geste zu einem Moment, der den Aspekt des Schicksals und der Bewährung mitumfaßt. (altfrz. aventure): Etwas wird geschehen, eine Herausforderung steht bevor, die es gegen einen gesichtslosen Widersacher zu bestehen gilt.
Doch hat es wirklich Sinn, heute über „Zukunft“ zu sprechen, wenn die Wunden der Vergangenheit noch nicht geheilt sind? Wie soll man sich in der Zukunft einem unbekannten Gegner im Duell stellen, wenn uns schon die Gegenwart mit ihren schweren Prüfungen wie den Pandemien, der Klimakatastrophe und den ewig wiederkehrenden kriegerischen Konflikten auf die Probe stellt?
Wir halten es für sinnvoll, ja notwendig, sich jetzt über die Zukunft Gedanken zu machen, denn Krisenkontexte waren für die Menschheit schon immer eine Gelegenheit zum Nachdenken. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs hat Benedetto Croce davon gesprochen, dass es "in der Geschichte niemals einen Verfall gibt, der nicht auch neues Leben generiert und vorbereitet".
Der Fokus "Zukunft!" der Villa Vigoni will in diesem Sinne die epochalen Veränderungen unserer Zeit in den Blick nehmen. Wir wollen verstehen, wie wir Europäer die Bewährungsproben, vor denen wir stehen, meistern können. Klar ist -- wie es die 58. Biennale von Venedig formuliert hat -- dass sie uns „interesting times“ bescheren werden.